#1

Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 28.11.2008 10:56
von manfred k • Gewächshausputzer | 173 Beiträge

Hallo allerseits,
möchte heute mal ein Thema ins Spiel bringen, welches man zum erfolgreichen Kultivieren auch kennen sollte. Nun erst mal keine unnötige Sorge bei denen, die es nicht so mit der Chemie haben. Ich habe nicht vor euch nun mit riesigen Tabellen, Formeln und chemischen Fachbegriffen zu quälen. Sondern das Ganze, ganz praktisch. Der Überschaubarkeit halber gehe ich die auf die Ausnahmen erst am Schluss ein.
Also ich nehme an, das fast jeder von euch schon mal einen Naturstandort von Orchideen besucht hat. Den meisten wird dabei schon mal die Frage beschäftigt haben, wieso wachsen die gerade hier und dort nicht, warum hier auf dem Kalkboden und 100 Meter weiter auf dem Sandstein nicht. Und so weiter.
Das Phänomen findet man sogar in den Gebirgen des Mittelmeerraumes. Auf Meereshöhe dort aber nicht. Was liegt also näher als die Ursache im Boden zu suchen.
Um dies zu ergründen habe ich weit über zweihundert Bodenproben, verschiedenster Arten und Herkünfte durch das Massenspectrometer gejagt und Interessantes dabei gefunden.
Alle Knollenorchideen bevorzugen nördlich der Alpen, Böden welche reich an Kalium, Magnesium und/oder Mangan (diese beiden scheinen sich gegenseitig ergänzen zu können) sind, Stickstoff und Phosphor hingegen liegen ziemlich tief.
Sie lieben also hohe Gehalte ganz bestimmter Nährstoffe, welche z. B. für Gemüse schon an der Obergrenze zum toxischen Bereich bzw. über dieser liegen.
Also merke: Knollenorchideen wachsen auf Böden mit spezifischen Nährsalzkonzentrationen, welche für Kulturarten z. T. schon toxisch sind.
Versuche, welche klären sollten, ob dies einen Standortvorteil gegenüber der Begleitvegetation ist, verliefen negativ. Daran liegt es also nicht.
Die Antwort findet man im Mittelmeerraum. In niederen Lagen wachsen dort die Arten auf ganz normalen Böden, mit einer leichten Neigung zum Kalkboden, aber nicht zwingend mit hohen Ansprüchen an bestimmte Nährstoffe. In den höheren Lagen im Gebirge aber, das gleiche Bild wie nördlich der Alpen.
Die Ergebnisse lassen eigentlich nur den Schluss zu, dass die hohen Konzentrationen der genannten Nährsalze für die Winterhärte wichtig sind.
Warum andere Böden, z. B. Sandböden welche durchaus ein besseres Wärmeklima haben, in der nördlichen Hemisphäre nicht besiedelt werden, erklärt sich aus ihrer Entstehung. Nur Kalkgesteine haben durch den speziellen Ablauf ihrer Genese eine hohe Anreicherung mit den entscheidenden Elementen erfahren, welche heute durch den Verwitterungsprozess wieder freigesetzt werden.
Deshalb und nur deshalb wachsen die meisten Knollenorchideen heute bei uns in kalkhaltigen Böden.
Dies trifft nun auf alle Knollenorchideen zu, welche erst vor wenigen tausend Jahren aus dem Mittelmeerraum oder vom Balkan in Mitteleuropa eingewandert sind. Sie halten es wie in den heimatlichen Gebirgen.
Ein interessanter Nebenaspekt. Den ich abgeleitet habe ist, dass somit auch viele mediterrane Orchideen bei entsprechendem Boden und Düngung auch bei uns im Freiland kultiviert werden können.
Ich habe es ausprobiert und es klappt.
Ausnahmen von dieser Regel sind alle Dactylorhizen (ohne D. sambucina), Ophrys insektifera, Orchis morio, Orchis coriophera und O. mascula. Sie brauchen nicht unbedingt hohe Nährsalzangebote. Diese Arten sind schon stärker angepasst, was die Vermutung nahe legt, das sie schon weit früher ins zentrale Mitteleuropa eingewandert sind.
Erstaunlich ist aber wiederum, das z. B. Ophrys insektifera an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze südlich von St. Petersburg, bei dem dort noch kälterem Klima, dann auch nur noch wieder auf Böden mit den hohen Konzentrationen der angesprochenen Nährsalze wächst.
Als Essenz kann man also für die Kultur ableiten, man sollte Kali, Magnesium (am besten Dolomitmehl) und Mangan (ist ausreichend in Blühpflanzendünger) ins Orchideenbeet kippen, dann kann man auch im Freilandbeet mit seinen Orchideen viel Spaß haben. Wen es nicht abschreckt, der kann sich noch die nachfolgende Tabelle anschauen.
beste Grüße Manfred

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#2

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 28.11.2008 11:59
von Wolfgang • Hängemattentester | 2.252 Beiträge

Hallo MAnfred,

habe Deine Ausführungen gerade einmal überflogen. Das ist wirklich mehr als nur interessant. Toll. Muss ich mir übers Wochenende mit etwas mehr Zeit nochmal in Ruhe zu Gemüte führen.

Hast Du ähnliches für Rhizom-Orchideen auf Lager?


LG Wolfgang
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#3

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 28.11.2008 22:59
von Wolfgang • Hängemattentester | 2.252 Beiträge

Zitat von manfred k
...
Als Essenz kann man also für die Kultur ableiten, man sollte Kali, Magnesium (am besten Dolomitmehl) und Mangan (ist ausreichend in Blühpflanzendünger) ins Orchideenbeet kippen, dann kann man auch im Freilandbeet mit seinen Orchideen viel Spaß haben...


Das mit dem "ins Orchideenbeet kippen" sollte man nicht wörtlich nehmen.

Und was den handelsüblichen Blühpflanzendünger betrifft, ist dort u.a. auch jede Menge Stickstoff drin, sodass ich auch hierbei etwas zur Vorsicht respektive zur Verdünnung auf 25 - max. 50% neige.

Wer, wie ich, höhere Humusanteile in seinen Substraten hat, braucht m.E. auch weniger bis gar keinen Dünger bei den im Beet ausgepflanzten Arten. In Deinen Lehm-Sand-Substraten, Manfred, wird sich dies anders darstellen.

Dass die Frosthärte einer Pflanze durch Kali-Magnesium-Gaben gesteigert werden kann, war mir von Rosen und Weinstöcken, aber auch einigen anderen Sträuchern und Stauden bekannt. Ich gebe zu, dass ich bislang aber nicht auf den Gedanken gekommen bin, das gleiche auch bei Orchis auszuprobieren.


LG Wolfgang
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#4

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 29.11.2008 14:02
von manfred k • Gewächshausputzer | 173 Beiträge

Hallo Wolfgang,
also mit dem handelsüblichen Blühpflanzendünger kann man nicht allzuviel falsch machen. Man sollte aber nicht in zu kuzen Abständen gießen. Mit alle 3 - 4 Wochen liegt man ganz gut. Natürlich habe ich auch mit verdünnten Dosen angefangen und langsam gesteigert. Heute würde ich sagen wer alle 2 Wochen düngen möchte nimmt die halbe Dosis, wer längere Abstände wählt kann nach Herstellerangaben Düngen. Nur vorab. Bei Cypripediumarten gibt es einige die keinen Dünger mögen. Hybriden sind unbedenklich.
bis bald Manfred

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#5

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 29.11.2008 14:36
von Wolfgang • Hängemattentester | 2.252 Beiträge

Ja, ok, Manfred, nehme ich so hin, wie Du nach Deinen Erfahrungen schreibst.

Meine größere Zurückhaltung liegt auch darin begründet, weil ich wahrscheinlich zu sehr aus der "Cypripedium-Sicht" an die Düngung herangehe. Wer meine HP kennt, weiß, dass ich mit den Frauenschuh angefangen habe und diese bis heute mein "Schwerpunkt" sind. Mit den Knollenorchideen -Ausnahme Dactylorhiza und gerade einmal drei Gymnadenia- befinde ich mich erst am Anfang.


LG Wolfgang
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#6

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 24.04.2009 20:03
von Juergen (gelöscht)
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Hallo zusammen,

was haltet ihr von Urgesteinsmehl im Substrat von Cyps? Auf Anfrage teilte mir Frau Schuster aus Illertissen mit, daß sie z.B. den guttatum im Frühjahr mit Urgesteinsmehl versorgt.

Jürgen a.d.E.

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#7

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 24.04.2009 23:41
von Wolfgang • Hängemattentester | 2.252 Beiträge

Hallo Jürgen,

da kann ich Dir nicht weiterhelfen. Habe ich noch nicht von gehört und auch noch nicht selber probiert. Bin also auf ev. Antworten genauso gespannt wie Du.


LG Wolfgang
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#8

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 25.04.2009 12:07
von manfred k • Gewächshausputzer | 173 Beiträge

Hallo Jürgen,
in der Regel ist Urgesteinsmehl gemahlener Basalt, der je nach Herkunft, viele Spurenelemente enthält. Das kannst Du aber besser mit einem Spurenelemente reichem Dünger haben. Im Dünger sind die Bestandteile auch besser aufeinander abgestimmt.
Das Urgesteinsmehl ist so ne Ökomode um angeblich keinen Dünger zu verwenden. In Wahrheit düngt man damit aber genauso, nur anders.
Was man nicht gern verrät, ist die Tatsache, dass in Urgesteinsmehl (je nach Herkunft) auch mal Spuren von Schwermetallen sein können. Aber das ist ja nicht so schlimm, schließlich ist es ja In und Öko.
In diesem Sinne
Manfred

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#9

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 25.04.2009 13:28
von Rudolf • Kompostverteiler | 430 Beiträge

Hallo Jürgen
Das benutze ich schon seit Jahren in ALLEN meinen Böden.
Ob's hilft weiss ich nicht. Aber schaden tut es auch nicht wie ich an meinen "wenigen" Orchideen sehen kann.
Leider habe ich platzmäßig keine Vergleichsmöglichkeit bezw .halte ich auch nicht für nötig!!
Gruss Rudolf ( derr das althergebrachte liebt.)

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#10

RE: Nährstoffe in Erdorchideenböden

in Freilandorchideen 29.04.2009 08:59
von manfredm • Moderator | 861 Beiträge

Zitat von Jürgen
Hallo zusammen,

was haltet ihr von Urgesteinsmehl im Substrat von Cyps? Auf Anfrage teilte mir Frau Schuster aus Illertissen mit, daß sie z.B. den guttatum im Frühjahr mit Urgesteinsmehl versorgt.

Jürgen a.d.E.

Welche Düngung empfiehlt Ihr allgemein für "Cyps"? Insbesondere interessiert mich mein C. calceolus!
Gruß,
Manfred

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